
LEGENDE ZU LEBZEITEN: BLUES-GITARRIST JÜRGEN KERTH WURDE 75
Jens-Uwe BerndtTeilen
Nee nee - auch wenn uns am 19. Juli einer der wichtigsten Geburtstage des Jahres durchgerutscht ist - vergessen wird Jürgen Kerth hier nicht. Immerhin ist der ostdeutsche Blues-Gitarrist, Sänger, Komponist und Texter am gleichen Tag wie zum Beispiel Brian May von Queen oder Black/Death-Metal-Pionier Tom G. Warrior von Celtic Frost geboren. Jürgen Kerth ist unermüdlich und bis heute aktiv. Wohl dem, der ihn in den Siebzigern und Achtzigern erleben durfte, als jede Veröffentlichung des Musikers, jedes Konzert von den Fans mit klopfenden Herzen erwartet oder begleitet wurde. Jürgen Kerth machte bereits in den Sechzigern von sich reden, als er mit Heinz-Jürgen Gottschalk bei den Rampenlichtern spielte - die wie fast jede Beat/Rock-Formation in der DDR zur damaligen Zeit staatlicherseits aus dem Verkehr gezogen wurde. Gottschalk erinnerte sich in einem Gespräch mit der GoodTimes, dass es das Erscheinungsbild der Musiker gewesen sei, das die Kulturniks auf den Plan rief. Da hätte es schon genügt, unkonventionell gekleidet zu sein oder barfuß auf die Bühne zu kommen. In den Siebzigern erschienen vor der ersten LP GRUPPE JÜRGEN KERTH (1978) auf Amiga ein paar Singles. Das Album hatte es dann aber in sich: Welch ein Gitarrist, was für unverbrauchte Song-Ideen, und wie herrlich waren diese stinknormalen Alltagsgeschichten. Keiner hätte die Kultnummer "Helmut" so authentisch singen können, wie Jürgen Kerth, der überhaupt nicht singen konnte. Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. Dann zwei Jahre später KOMM HEREIN mit dem hinreißenden "Geburtstag im Internat". Man musste weder auf Blues, noch auf Jazz stehen, um dem Charme dieser Musik restlos zu verfallen. Und schließlich 1982 GLORIOSA. Die A-Seite füllte ein 17-minütiges Konzeptwerk und gewendet servierte Kerth uns neben der erneuten Liebeserklärung an seine Gitarre, "Oh, wie würd ich euch beneiden", mit dem Reggae "He junge Mutti" eines seiner berührendsten Lieder. Jürgen Kerth musizierte. Zu DDR-Zeiten, nach der Wende, mit internationalen Blues-Größen, als Gast anderer ostdeutscher Musiker, im Studio und auf Bühnen, überall, wo Fans auf ihn warteten. Gern spricht man bei klangvollen Musikernamen von Legenden. Jürgen Kerth ist schon eine zu Lebzeiten. Am 19. Juli ist er 75 Jahre alt geworden. Nachträglich gratulieren wir ihm von Herzen.